Bei dieser Vermeidungsstrategie war die folgende Entscheidung zu erwarten.
Wenn man die folgenden Kriterien beachtet, kommt man eher zu der Ansicht, dass hier nicht die Fähigkeit, sondern der Wille fehlte diese Zusammenhänge zu erkennen.

Eine unmittelbar drohende (aber noch nicht eingetretene) Verfolgung wird angenommen, "wenn bei qualifizierender Betrachtungsweise die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen" (BVerwGE 89, 162 [169]; BVerwG DVB]. 1994 S. 524 [525] ).

Um eine beabsichtigte Abschiebung zu rechtfertigen, darf es unter diesen Gesichtspunkten natürlich nicht zu weiteren Indizien kommen, die für eine Verfolgung sprechen.

Bezeichnenderweise gibt die Begründung nicht den geringsten Hinweis auf eine Bereitschaft, sich mit unseren Vorwürfen wegen der Anhörung und deren Beurteilung auseinander zu setzen.

Vielmehr wird bezüglich der Glaubwürdigkeit des Asylvorbringens auf die ausführliche diesbezügliche Würdigung durch das Verwaltungsgericht Aachen verwiesen.

Diese 'ausführliche Würdigung' findet sich auf Seite 9 der Urteilsbegründung in einem einzigen Satz wieder, der wegen einer angeblichen Steigerung des bisherigen Vorbringens die Glaubwürdigkeit verneint.

Wegen angeblich legaler Ausreise mit eigenem Reisepaß wird auf der gleichen Seite eine Verfolgungsabsicht seitens der togoischen Behörden angezweifelt.

Tatsächlich beweist die vom Bundesamt festgestellte Fälschung aber, dass die Ausreise aus Togo illegal erfolgte.

Jedem dürfte klar sein, dass die Antragstellerin sowohl bei der Anhörung, als auch in der Klage auf diesen Umstand hingewiesen hätte, wenn ihr zum damaligen Zeitpunkt die Fälschung bekannt gewesen wäre.

Ihr war aber zu dieser Zeit leider nur bekannt, dass der Vater den Paß in der Nacht vom 13. zum 14. Oktober 1991 'besorgte', um ihre umgehende Ausreise zu ermöglichen.

Die sich aus diesem Umstand ergebende Überlegung, dass es sich hier nicht um eine vorbereitete Reise, sondern um eine Flucht handelte, liegt auf der Hand.

Bei 'qualifizierender Betrachtungsweise' kann die Ablehnung als Beweisdokument unter Berücksichtigung der vorstehenden Überlegungen nicht als Erfüllung der Amtsermittlungspflicht angesehen werden, sondern allenfalls als Versuch, andere für dumm zu verkaufen.

Sie können sich nicht vorstellen, wie enttäuscht und entrüstet wir über den Bescheid waren, und da uns die Begründung unglaublich vorkam, stellte ich einige Fragen zusammen, da nach meiner Meinung die Verfasserin diese Begründung selbst nicht glauben konnte.
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Ich jedenfalls müsste meinen Verstand an der Garderobe abgeben, um zu solchen Schlussfolgerungen zu kommen.

Da die Fragen nicht beantwortet wurden (wie denn auch), versuchte ich wenigstens telefonisch einige Antworten zu bekommen.

Das Telefonat blieb absolut ergebnislos. Also versuchte ich es mit einem weiteren Schreiben, in dem ich den wesentlichen Gesprächsinhalt wiederholte.
Sie hatte mich bei diesem Telefongespräch doch tatsächlich gefragt, wie ich denn überhaupt auf die Idee gekommen wäre, dass der Paß wichtig sei.
Selbst bei diesem Versuch eines persönlichen Gesprächs erlebte ich die gleiche Methode, die sich bisher im gesamten Verfahren erkennen ließ.

Ganz offensichtlich erkennbare Tatsachen werden entweder wie im Telefongespräch bestritten, oder einfach ignoriert, d.h. Schriftstücke werden entweder gar nicht, oder ohne Bezug beantwortet.

Nach den bisherigen Erfahrungen kann ich mir endlich vorstellen, warum ich so oft die Meinung gehört habe, 'man kann vortragen was man will, das Ergebnis bleibt immer gleich'.

Aber auch wenn, oder gerade weil ich mir heute diese Meinung vorstellen kann, bin ich nicht bereit, diesen Umgang mit dem Recht achselzuckend hinzunehmen.

Wieviel sind den z.B. Vorschriften des Bundesverfassungsgerichts wie die verlässliche Grundlage für die Glaubwürdigkeiteinstufung wert, wenn die zuständigen Stellen sich weder daran halten, noch diesbezügliche Fragen beantworten?
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Wie nützlich ist ein Untersuchungsgrundsatz, wenn unbeantwortbare Fragen gestellt werden, willkürliche Behauptungen aufgestellt werden, und allgemeine Lebenserfahrung und einfachste Logik unbeachtet bleiben?

Nicht eine der von mir im Zuge der Vorbereitung befragten Personen kam auch nur annähernd zu ähnlichen Schlußfolgerungen wie Bundesamt, Verwaltungsgericht oder Staatsanwaltschaft.

Selbst eine kritische Einstellung zum Asylrecht und insbesondere zur vorliegenden Verfolgungs-geschichte kann die bisherigen Ergebnisse nicht rechtfertigen, so dass man nur zu der Annahme kommen kann, dass hier bewusst alles vermieden wurde ein für die Antragstellerin positives Ergebnis zu erreichen.

Eine bewusste Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes könnte strafrechtliche Konsequenzen auslösen, so dass eine entsprechende Überprüfung angeraten war.

Aber auch hier führte die angestrebte strafrechtliche Untersuchung zu keinem Ergebnis.
Es gelang mir weder durch eine Gegenvorstellung noch durch ein anschließendes Telefonat mit der zuständigen Staatsanwältin, diese von einer Rechtsverletzung zu überzeugen.
Ich konnte ihr weder den Zusammenhang zwischen genanntem Fälschungszeitpunkt und der Ablehnung klarmachen, noch die sich aus der Paßfälschung ergebende Beweislage.
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Gegen den Ablehnungsbescheid reichten wir Klage beim Verwaltungsgericht Aachen ein.

Frau All erhielt nach der Ablehnung des Folgeantrags eine Duldung, die jeweils um vier Wochen verlängert wurde.
Anlässlich einer weiteren Verlängerung mahnte ich die strikte Einhaltung bestehender Vorschriften an, worauf der zuständige Beamte meinte 'in diesem Rechtsgebiet solle man nicht alles so genau nehmen'.

Meine Entrüstung über diese Einstellung konterte er mit der Aussage, 'wenn man bedenkt, was die Zuhause haben, sind die hier immer noch gut bedient'.

Deutlicher kann der Rechtsverfall in Deutschland wohl kaum ausgedrückt werden, obwohl ich nie im Leben ich in einem deutschen Amt solch eine Aussage erwartet hätte.

Infolge der nur kurzfristigen Duldungsverlängerungen kam es zu Schwierigkeiten mit der Arbeit, da Frau Ali's Arbeitserlaubnis jeweils an die Aufenthaltsdauer gekoppelt ist.

Nunmehr mussten wir alle vier Wochen sowohl die Aufenthaltsduldung, als auch die Arbeitserlaubnis verlängern lassen.Da da Arbeitsamt aber für diese Verlängerung (1 Stempel) aus unerfindlichen Gründen 6 Wochen braucht kam es zu Arbeitsunterbrechungen und sie verlor ihre Arbeitsstelle.

Nach ca. 8 Wochen konnte sie ihre Arbeit von tägl. l,5 Std. wieder aufnehmen.

Für eine weitere Arbeitsstelle von tägl. 4 Std. in einer Industriereinigung wurde ihr die Arbeitserlaubnis, mit dem Hinweis, dass erst Deutsche, dann EG-Ausländer und danach die übrigen Ausländer zu berücksichtigen sind, verweigert.

Ich halte diese Regelung für einen glatten Verstoß gegen Art.3 GG (Gleichheitsgrundsatz).

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Fortsetzung folgt....
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