Obwohl ich in der Gegenvorstellung die Entscheidung des Bundesverfassungsgericht nicht erwähnte, nahm die Interpretation dieser Entscheidung fast die Hälfte des Antwortschreibens ein, ansonsten wurde im Wesentlichen nur erklärt, dass Rechtsbeugung erst dann vorliegt, wenn die Auffassung des Entscheidenden nicht vertretbar erscheint.
Aus diesem Grund schrieb ich am 22.03.97 den Generalstaatsanwalt persönlich an.
Offensichtlich fiel dem Generalstaatsanwalt die Beantwortung dieses Schreibens nicht leicht, denn immerhin benötigte er dafür ca. 5 Monate, d.h. Bis zum 19.08.97.
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Dieses ist aber auch nicht verwunderlich, denn schließlich hatte ich ihn ja nochmals aufgefordert, mir die als überwiegend zufällig, allgemein und detailarm zu bezeichnenden Stellen des Anhörungsvortrags zu benennen.

Dass diese Antwort mehr als schwierig ist, weiß jeder, der die Verfolgungsgeschichte gelesen hat.

Außerdem kann ich mir vorstellen, dass es nicht so einfach sein dürfte, die von mir gerügten Punkte als nachvollziehbar einzustufen, bzw. eine Verletzung der Untersuchungspflicht zu übersehen.

Der Generalstaatsanwalt machte es sich einfach, indem er zwar mein Schreiben erwähnte, aber ansonsten keinen Bezug zu meinen Fragen und Ansichten herstellte.

Es lässt sich feststellen, dass auch hier peinlich vermieden wurde, die gestellten Fragen zu beantworten.

Scheinbar hat der Generalstaatsanwalt noch nicht einmal die eigenen Schreiben gelesen.

Wie sonst könnte er auf eine angeblich im Schreiben vom 17.03.97 erwähnte Wiederaufnahme Bezug nehmen, von der im genannten Schreiben nicht das Geringste zu finden ist ?

Sämtliche Stellen hatten unsere Einwände einfach ignoriert, und alle Versuche, irgend jemanden zu bewegen, die Einwände gegen die falschen Behauptungen des Bundesamtes zur Kenntnis zu nehmen, waren gescheitert.

Frau All wurde auf Grund dieser Erfahrungen immer mutloser, und ich fand kaum noch Argumente, mein Vertrauen in unser Rechtssystem zu rechtfertigen, insbesondere, da auch meine Zweifel immer größer wurden.

Damit waren nunmehr bis auf eine Petition alle Möglichkeiten dieses Asylverfahrens erschöpft.

Da eine Petition keine aufschiebende Wirkung hat, und lt. Auskunft bisher in keinem einzigen Fall erfolgreich war, verzichteten wir auf diese Eingabe.
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Lediglich ein Zweitantrag konnte Frau All noch zu ihrem Recht verhelfen, und die drohende Abschiebung verhindern.

Um einen Zweit-oder Folgeantrag zu stellen, müssen die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung gem. § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegen.

Eine Wiederaufnahme ist möglich, wenn z. B, neue Beweismittel vorliegen.

Da wir in der Zwischenzeit den verloren geglaubten Reisepass, der vom Bundesamt als wichtiges Beweisdokument bezeichnet wurde, wiedergefunden hatten, lagen nach unserer Meinung die Voraussetzungen vor.

Wir fuhren also nach Köln, und beantragten die Durchführung eines neuen Asylverfahrens.
Zur Begründung hatten wir ein Statement vorgefertigt, in dem wir uns sowohl auf das neue Beweismittel bezogen, als auch auf die früheren Angaben.
Da der damals fehlende Reisepass in der Ablehnungsbegründung des Bundesamtes eine wesentliche Rolle spielte, gingen wir davon aus, dass sich die Beurteilung unter den neuen Voraussetzungen nunmehr positiv gestaltet.

Unsere ganze Hoffnung konzentrierte sich auf die Möglichkeit, sich endlich mit den völlig aus der Luft gegriffenen Argumenten des Bundesamtes auseinander setzen zu können.

Immerhin waren wir jetzt in der Lage den damals beschriebenen Reiseweg zu belegen und die im Zusammenhang mit dem Reisepass unterstellte Unglaubwürdigkeit auszuräumen, und wir waren der Ansicht, dass sich jetzt eine maßgebliche Stelle endlich einmal unsere Einwände gegen die Beurteilung anhören würde.
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Leider war diese Hoffnung, wie sie im folgenden sehen, ein Irrtum.
Bei diesem Ablehnungsbescheid stieß ich erneut auf eine Begründung, die mir absolut unverständlich erschien, so dass ich auch hier eine strafrechtliche Prüfung beantragte.
Ganz davon abgesehen, dass sich der angezweifelte Reiseweg mit jedem beliebigen Stück Papier nachweisen ließe, sofern es die jeweiligen Grenzübertrittsbescheinigungen (Stempel) enthält, ist die Logik der Entscheiderin völlig wirklichkeitsfremd.

Die echten Grenzstempel weisen diesen Paß, unabhängig von der Echtheit, als das für die Flucht im Oktober 1991 benutzte Reisedokument aus, und weisen den Reiseweg nach.

Mir kann die Entscheiderin nicht weismachen, dass ihre Phantasie nicht ausreicht, sich die Wirklichkeit einer Flucht vorzustellen. -Wenn doch, bekleidet sie die falsche Position.

Eine Flucht vor Verfolgung lässt sich in der Regel nicht wie eine Urlaubsreise vorbereiten.

Wer sich in einer Verfolgungssituation befindet, wird sich normalerweise so schnell wie möglich einen Pass besorgen, um sich der drohenden Festnahme zu entziehen.
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Wer nicht nachvollziehen kann, dass ein gefälschter Pass eher ein Indiz für eine Fluchtsituation, als für eine vorbereitete Reise ist, hat entweder keinen Bezug zur Wirklichkeit, oder tut dies böswillig.
Die Ausführungen zur Verfolgungswahrscheinlichkeit bei angenommener Echtheit des Passes sprechen eher für letzteres.

Um den sich aus dieser Ausführung ergebenden Umkehrschluß zu vermeiden, wurde der Fälschungszeitpunkt verlegt
Zur Vermeidung einer Verfolgungswahrscheinlichkeit, warf die Entscheiderin jede Logik über Bord, und nahm es scheinbar mit den Ermittlungen auch nicht so genau.

Nach unseren Recherchen wurde der beanstandete Stempel 'inoffiziell' seit April 1991 verwendet. Die Fälschung nach der Reise würde zudem überhaupt keinen Sinn machen.

Auf den Umstand, dass der Paß wahrscheinlich `illegal besorgt' wurde, hatten wir bereits im Antrag zur Berufung hingewiesen, da kaum anzunehmen ist, dass sich in Togo ein Paß über Nacht legal beschaffen lässt. Wobei wir aber von Bestechung ausgingen.

Die vom Bundesamt festgestellte Fälschung ist in Verbindung mit der kurzfristigen Beschaffung als eindeutiges Indiz für eine überhastete Ausreise anzusehen

Unter Berücksichtigung dieser Überlegung musste die Beurteilung anders ausfallen.
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